Corporate Citizenship-Controlling


Dipl.-Wirtsch.-Ing. Timo Mehrmann,
Letzte Aktualisierung: 22.11.2010



Corporate Citizenship bezeichnet das bürgerschaftliche Engagement von Unternehmen. Dabei werden die Kernkompetenzen des Unternehmens in gemeinwohlorientierte Aufgaben eingebracht. Durch ein mittel- und langfristiges Engagement, das über die eigentliche Geschäftstätigkeit des Unternehmens hinausgeht, sollen gesellschaftliche Probleme nachhaltig gelöst werden. So hat z.B. das Handelsunternehmen Adolf Würth GmbH & Co. KG im Jahr 1987 eine gemeinnützige Stiftung gegründet, um Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur sowie Bildung und Erziehung zu fördern. Im Rahmen von Corporate Citizenship können die folgenden Instrumente eingesetzt werden:

  • Geld- oder Sachmittelspenden, sowie das kostenlose Überlassen von Unternehmensleistungen und Produkten,
  • soziales Sponsoring,
  • Zweckgebundenes Marketing, d.h. beim Kauf eines Produkts wird ein Teil der Erlöse für einen sozialen Zweck gespendet,
  • die Gründung von Stiftungen,
  • Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
  • gezielte Auftragsvergabe an soziale Organisationen,
  • Gründung von Joint-Ventures in Verbindung mit einer gemeinnützige Organisation, um gemeinsam Know-how einzubringen und um sich gegenseitig zu ergänzen,
  • Lobbying für soziale Anliegen durch den Einsatz von Kontakten und den Einfluss des Unternehmens
  • als Risiko-Kapitalgeber für eine begrenzte Zeit und ein bestimmtes Vorhaben sowohl Geld als auch Know-how in gemeinnützige Organisationen zu investieren.


So entsteht oftmals eine Win-Win-Situation für Unternehmen und für die Gesellschaft. Dabei kann in vielfältiger Weise ein wirtschaftlicher Nutzen für das Unternehmen entstehen, z.B. durch:

  • ein positives Image und die damit verbundene langfristige Wertschöpfung durch Kundenbindung und Gewinnung von Neukunden,
  • einen hohen Bekanntheitsgrad des Unternehmens in gesellschaftlichen Gruppen, die nicht unmittelbar zur Kernzielgruppe des Unternehmens gehören,
  • eine soziale Positionierung der Marke in Bezug auf Vertrauen und Menschlichkeit,
  • die Wahrnehmung als attraktiver Arbeitgeber und eine erhöhte Mitarbeiterbindung,
  • die persönliche Entwicklung und Motivation von Mitarbeitern, die in soziale Projekte eingebunden sind.


Damit es nicht bei einem sporadischen bürgerlichen Engagement bleibt, sondern eine nachhaltiges und an den strategischen Zielen des Unternehmens orientiertes Engagement entsteht, kann das Controlling bei der Auswahl und Steuerung von Corporate Citizenship Projekten unterstützen. Für die Bewertung und das Controlling dieser Projekte sind insbesondere die folgenden Kriterien relevant:

  • Monetärer Wert der eingesetzten Ressourcen
  • Nutzen für das Unternehmen
  • Nutzen für die Gesellschaft


Im Rahmen des strategischen Controlling können durch eine SWOT-Analyse die Stärken und Schwächen des Unternehmens bei der Unterstützung von sozialen Initiativen sowie die externen Chancen und Gefahren in Bezug auf alle relevanten Stakeholder identifiziert werden. Dies bildet eine wichtige Informationsgrundlage bei der Verankerung von Corporate Citizenship im Leitbild und in der Unternehmensstrategie.

Eine weitere Aufgabe des Controllings stellt die Planung, Steuerung und Kontrolle der Corporate Citizenship Kosten dar. Dabei kommen grundsätzlich die für Controller vertrauten Instrumente, wie die Abstimmung von Budgets, die kostenrechnerische Darstellung und Auswertung von relevanten Kostenarten, Kostenstellen und Projekten sowie die Bildung von Soll-/Ist-Vergleichen zum Einsatz.  Im Ergebnis kann dargestellt werden, in welchem Umfang finanzielle Mittel für Corporate Citizenship Initiativen bereitgestellt wurden. Außerdem kann die Einhaltung der Budgetziele überwacht und gesteuert werden. 

Selbst erstellte Produkte und Dienstleistungen, die im Rahmen der sozialen Projekte unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden, fließen zum Marktwert in die Kalkulation ein. Für Vergleiche von mehreren Geschäftsjahren oder mit anderen Unternehmen kann anschließend der Corporate Citizenship Aufwand in das Verhältnis zum Umsatz oder zum EBIT gesetzt werden. 

Im nachfolgenden Beispiel steigt zwischen 2008 und 2010 der Anteil des Corporate Citizenship Aufwandes im Verhältnis zum Umsatz von 0,2% auf 0,3%. In Bezug auf das EBIT ergibt sich ein Anstieg von 2,4% auf 3,6%.




 

Der wirtschaftliche Nutzen der Corporate Citizenship-Maßnahmen ist demgegenüber wesentlich schwieriger zu bewerten. Die o.g. positiven Effekte wirken in der Regel erst langfristig und eine unmittelbare Umsatzwirkung kann aufgrund von Überlagerungseffekten mit anderen Faktoren oftmals nicht mehr nachgewiesen werden. Insofern verbleibt nur die Möglichkeit durch Umfragen und Medienanalysen Anhaltspunkte über den Erfolg der Maßnahmen zu gewinnen.   

Um den Nutzen für die Gesellschaft zu messen, kann z.B. die Anzahl der Personen, die von einem Projekt direkt profitieren, gezählt werden. Letztendlich gibt es aber noch kein Standard-Instrumentarium, das explizit die Anforderungen an ein Corporate Citizenship-Controlling erfüllt.

Literatur:


Adolf Würth GmbH & Co. KG: Gemeinnützige Stiftung Würth. Online im Internet: www.wuerth.de. Abruf: 17.11.2011


Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Corporate Citizenship. Online im Internet: http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Mittelstand/corporate-citizenship.html. Abruf: 16.11.2011


Felix Dresewski (2004): Corporate Citizenship. Ein Leitfaden für das soziale Engagement mittelständischer Unternehmen. Berlin.

 
Nicole Fabisch (2006): Corporate Citizenship-Controlling. In: Christopher Zerres, Michael Zerres (Hrsg.): Handbuch Marketing-Controlling. 3. Auflage. Berlin. Kapitel 5. S. 75-89.

Letzte Änderung:
February 16. 2014 18:09:40